RECHTSEXTREMISMUS IN ÖSTERREICH.
GBW
Eingangs vorgestellt wurde der Rechtsextremismusbericht des Grünen Nationalratsklubs. Warum die Grünen diesen Bericht herausgeben und nicht - so wie früher - das Innenministerium? "Unter schwarz-blau wurde der Bericht 2001 vom BMI gekippt", erklärt NRAbg. Karl Öllinger, "und seit damals auch nicht mehr aufgenommen. Aber nicht, weil es so wenig einschlägige Vorfälle gibt, die auch zur Anzeige gebracht werden - ganz im Gegenteil: Die Zahl der Anzeigen wie auch der Verfahren steigt in den letzten Jahren rasant. Weitgehend unbeachtet von der medialen Berichterstattung."
Angesprochen wurden nicht nur der Anstieg rechtsextremer Tathandlungen (darunter z.B. 24 Attacken auf Asyleinrichtungen in Österreich von Jänner bis September 2016), sondern auch die verschiedenen Facetten der "alten" und "neuen" Rechten, wie die Free-Men-Bewegung oder die Reichsbürger in Deutschland. Zwei Beispiele aus dem Burgenland: Die umstrittene Gruppierung der Identitären war auf Einladung des Rings Freiheitlicher Jugendlicher (RFJ) schon dreimal im Burgenland zu Gast und wurden auch Seminare gemeinsam abgehalten. Die 1994 gegründete "pennal-conservative Burschenschaft Marko-Germania zu Pinkafeld", der auch Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer angehört, lehnt die "geschichtswidrige Fiktion einer 'österreichischen Nation' ab", die "seit 1945 [...] in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt" worden sei (vgl. Marko-Germania 1994, S. 34). Der burschenschaftlichen Tradition entsprechend, sieht sich Marko-Germania einem explizit politischen Auftrag verpflichtet: Während die Burschenschaft selbst sich an keine Partei binde, "soll der Alte Herr politisch aktiv werden" (ebenda, S. 35).
Social Media und die Rechten
Während die Inhalte auch bei den "neuen" Rechten die gleichen sind wie seit Jahrzehnten, habe sich der Resonanzraum durch die gezielte Nutzung der sozialen Netzwerke geändert, merkt die Historikerin Andrea Stangl an: "Der frühe Aufbau einer digitalen Parallelwelt verstärkt dabei die 'wir sind viele, also müssen wir gewinnen'-Blase, Verluste werden mit Verschwörungstheorien erklärt." Auffallend sei auch die systematische Häufung von "Fake-Accounts", wie zuletzt vor der Bundespräsidentenwahl auf Facebook zu beobachten.
Was ist zu tun?
Zeitzeuge und Buchautor Stefan Horvath aus Oberwart, Träger des Theodor Kramer Preises für Schreiben im Widerstand und Exil, weist auf die Notwendigkeit umfassender politischer Bildung in Schulen hin: "Geschichtskenntnisse und politische Bildung sind nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei vielen Erwachsenen oft nur rudimentär vorhanden, umso anfälliger macht uns das für einfache Schlagwörter." Schulisches und außerschulisches Engagement müsse daher verstärkt eingefordert und ausgebaut werden und sei auch hier die Politik in die Pflicht zu nehmen diese Aktivitäten gezielt zu fördern. Stefan Horvath ist im Rahmen des Zeitzeugenprogramms aktiv und besucht jährlich rund 40 Schulen in ganz Österreich, um mit Jugendlichen zu diskutieren. Die Fördergelder für dieses Programm wurden vom BMBF in den vergangenen Jahren laufend gekürzt.
Das direkte Wort mit einem Gegenüber kann erfolgreich sein!
"Wir sind Nachbarn in einer vernetzten Welt und dürfen nicht aus Bequemlichkeit schweigen oder wegschauen", waren sich LAbg. Wolfgang Spitzmüller und Veranstalterin Dagmar Tutschek (Grüne Bildungswerkstatt) zum Abschluss des gut besuchten Diskussionsabends einig. Ein Zuviel an "Political Correctness" sei in diesem Zusammenhang kontraproduktiv, eindeutige Tatbestände erfordern ebenso klare Worte: "Unser Plädoyer gilt dem Aufbau einer couragierten Gegenrede in der Zivilgesellschaft, in der Politik und in den Medien!"