Gloria Petrovics: DIE GESCHICHTE VOM SKORPION.
Aus der Reihe: LITERATUR & POLITISCHE BILDUNG.
Kinderliteratur scheine von vielen Erwachsenen und Verlagen nicht als Literatur wahrgenommen zu werden, sondern als "pädagogische Pillen, eingewickelt in Gschichterlpapier", kritisierte Christine Nöstlinger jüngst in einem Gespräch mit Paulus Hochgatterer über "Kinderbücher und politische Bildung" (am 26.03.2014 in der Wiener Hauptbücherei, mitveranstaltet von den Politischen Akademien). Ihr Fazit: man solle sich auf die Differenziertheit und Klugheit der Autoren und Vorleser verlassen.
Ein praktisches Beispiel dafür, dass politische Bildung nicht nur als pädagogische Pille, sondern auch in Gestalt einer höchst lesens- und liebenswerten Kurzgeschichte transportiert werden kann, ist Gloria Petrovics' "Geschichte vom Skorpion". Das Thema Gentechnik und die Folgen der damit Hand in Hand gehenden, massiven Pestizidbelastung werden differenziert und klug auf 24 Seiten verpackt, zum Vorlesen für Kinder ebenso geeignet wie zum Selbstlesen für Jugendliche und Erwachsene. Inspiriert durch eine Zeichnung des Cartoonisten Rudi Klein, entwickelt Petrovics ihre Botschaft rund um das Schicksal von "Knubbli", eines kleinen, nicht nur ungewöhnlich aussehenden Skorpions, der gemeinsam mit dem ebenfalls behinderten Indio-Mädchen Anita den Kampf gegen die "Firma", Saatgutkonzern und Hersteller des Spritzmittels "Kill All", aufnimmt.
Kein Zufall, wer dabei an Monsanto und Roundup denkt, und auch Professor Chapela, der in der Geschichte eine zentrale Rolle spielt, ist eine reale Figur (einem größeren Publikum bekannt durch Bertram Verhaags Dokumentarfilm "Die gekaufte Wahrheit. Gentechnik im Magnetfeld des Geldes"). Dass die Geschichte diesfalls gut ausgeht, hilft zum einen optimistisch zu bleiben und vermittelt zum anderen die unverzichtbare Botschaft, dass sich Querdenken, persönliche Integrität und Zivilcourage lohnen - denn: eine andere Welt ist pflanzbar ! (Grüne Sommerakademie 2014).
Gloria Petrovics ist im Nordburgenland kommunalpolitisch aktiv, hat sich bei ATTAC im Kampf gegen Gentechnik engagiert und war als Beamtin im Landwirtschaftsministerium maßgeblich am Zustandekommen des „Blindenführhundeparagraphen" (Bundesbehindertengesetz §39a) beteiligt.
Wir bedanken uns für die Zurverfügungstellung ihres Textes.
Download:

© Rudi Klein, www.kleinteile.at
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HINTERGRUND & FAKTEN:
Dass die Gefährlichkeit des Kontaktes mit Umweltgiften wie Glyphosat (einem Herbizid, welches vom Chemiekonzern Monsanto unter dem Namen Roundup in großen Mengen sogar für die Anwendung im Hobbygarten beworben wird) sogar noch wesentlich größer sein dürfte als bisher angenommen, zeigt nicht zuletzt eine toxikologische Studie, welche letztes Jahr im Journal “Neurotoxicology and Teratology” veröffentlicht wurde.
Zeitgleich lieferte eine weitere Studie äußerst verstörende Hinweise darauf, dass Behörden der Bundesrepublik Deutschland zugunsten von Monsanto und anderen Herstellern von Glyphosat basierten Herbiziden Untersuchungsergebnisse falsch bewertet oder gar “geschönt” haben könnten:
Die Studie bezieht sich auf eine 1998 von deutschen Behörden präsentierte Auswertung einer Reihe von Sicherheitsstudien zu Glyphosat, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen. Die deutsche Bundesregierung behauptete damals, die Forschungsergebnisse würden beweisen, dass Glyphosat kein Teratogen wäre, also keine negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzung bzw. die embryonale Entwicklung hätte.
Diese Aussage steht in krassem Widerspruch zu den Ergebnissen neuerer Untersuchungen, etwa einer Studie aus dem Jahr 2010, welche sehr wohl Missbildungen bei Embryos von Xenopuy laevis (Krallenfrosch) sowie Hühnern nachwies. Die aktuellen Erkenntnisse wurden sowohl von der deutschen Agentur für Ernährungssicherheit, als auch von diversen industrie-gesponserten Magazinen in Zweifel gezogen, wobei sich die Kritiker unter anderem immer wieder auf die Bewertung aus dem Jahr 1998 beriefen.
Es war also wohl naheliegend, die damaligen Ergebnisse der deutschen Bundesregierung einer objektiven, unabhängigen Überprüfung zu unterziehen. Das Ergebnis dieser Überprüfung könnte allerdings hohe Wellen schlagen: Die beteiligten Wissenschaftler kommen nämlich zu dem Schluss, dass die damaligen Studien in Wirklichkeit sehr wohl Beweise für die Teratogenität von Glyphosat lieferten. “Nichtsdestotrotz entschieden sich deutsche und EU Behörden in ihrer Einschätzung der Ergebnisse, das Risiko herunterzuspielen und in der Folge unsichere Grenzwerte für die zulässige Tagesdosis Glyphosat festzusetzen” so die Autorinnen und Autoren des Papiers.
Im Detail enthüllen die Forscher einen veritablen Skandal, welcher aufzeigt, wie Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt, offensichtlich als Folge intensiven Industrielobbyings, die Menschheit über Jahrzehnte gefährlichen Konzentrationen eines Giftes ausgesetzt haben, welches laut Erkenntnissen argentinischer Wissenschaftler schreckliche Missbildungen bei ungeborenen Menschen verursachen kann.
Die Studie steht im Volltext auch online kostenlos zur Verfügung: www.omicsonline.org/2161-0525/2161-0525-S4-006.php?aid=7453
In Deutschland wird demnächst über die Neuzulassung - oder Nichtzulassung - von Roundup entschieden.
Mehr lesen:
www.planet-burgenland.at/themen/schwerpunkte/umweltgifte-und-gentechnik
Ein aktueller BBC-Beitrag:
Are pesticides linked to health problems in Argentina?
By Linda Pressly, BBC World Service, 14 May 2014
http://www.bbc.co.uk/news/magazine-27373134
http://www.bbc.co.uk/programmes/p01y9dw0 (Video)
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Der renommierte Mikrobiologe Dr. Ignacio CHAPELA entdeckt bei Untersuchungen in Mexiko transgenen Mais, der in Mexiko verboten ist, Offensichtlich haben sich gentechnisch veränderten Sorten mit einheimischem mexikanischen Mais vermischt. Als Chapela seine Studienergebnisse 2001 im Wissenschaftsmagazin "Nature" publiziert, schlägt die Industrie zurück und heuert eine Agentur an, mit dem Auftrag "Nature" unter Druck zu setzen und Chapela zu diskreditieren. Die Aktion gelingt: die Untersuchungen des Wissenschaftlers, seine wissenschaftliche Kompetenz und seine persönliche Integrität werden in einschlägigen Internetforen von Grund auf in Frage gestellt.
Die beiden Guardian-Journalisten George Monbiot und Claire Robinson decken auf, dass alle Zuschriften hinter der Rufmordkampagne letztlich auf eine einzige Quelle zurückgehen: den Chemie- und Saatgut-Konzern Monsanto. Monsanto hat eine Werbeagentur engagiert, die Bivings Group, die eine auf ihrer Homepage mit großem Stolz angepriesene, effektive und moderne Werbestrategie durchführte: "VIRAL MARKETING – Infect the world!".
Das virale Marketing hatte Erfolg - das weltweit wichtigste Wissenschaftsmagazin zog zum ersten Mal in seiner 137-jährigen Geschichte (!) einen Artikel zurück.
Professor Ignacio Chapela musste jahrelang auf seine anstehende Professur in Berkeley, Kalifornien, warten und hat bis zum heutigen Tag Probleme bei der Finanzierung seiner Projekte.
Damit wurde nicht zuletzt auch ein Exempel statuiert - eine Botschaft an junge Wissenschaftler, sehr genau zu überlegen, welche Fragen sie untersuchen wollen, ohne ihrer Karriere zu schaden ...
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